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Die Ostalb - Einführung in Naturraum und Kulturgeschichte

Die Ostalb-Tour hat ja Michael Bönsch organisiert; schaut auf alle Fälle mal auf seiner Seite...

Gliederung

1. Der Naturraum
1.1 Die Entstehung der Ostalb / 1.2 Verbreitung der Gesteine heute / 1.3 Die Alb als Karstlandschaft / 1.4 Vegetation

2. Kulturgeschichte
2.1 Vor- und Frühgeschichte / 2.2 Die Römerzeit / 2.3 Völkerwanderungszeit / 2.4 Das Frühe Mittelalter: Das Herzogtum Alemannien / 2.5 Das Hohe Mittelalter: Das Herzogtum Schwaben und die Staufer / 2.6 Spätes Mittelalter / 2.7 Die Neuzeit: der Aufstieg Württembergs / 2.8 Die letzten zweihundert Jahre

3. Literatur


1. Der Naturraum

1.1 Die Entstehung der Ostalb

Wie viele deutsche Mittelgebirge entstand auch die Schwäbische Alb durch Meeresablagerungen. Während der Jurazeit (vor 195-136 Mio. Jahren) war hier im heutigen Süddeutschland Meer. Es war die Zeit, als auf dem Land die Dinosaurier lebten (der Jurassic Parc ist ja bekannt) und es war viel wärmer als heute. In drei Phasen sammelten sich am Meeresgrund verschiedene Ablagerungen an:

  1. Zu Beginn in der "Liaszeit" war das Meer flach und schlecht durchlüftet. Organisches Material wurde nicht immer richtig zersetzt und es konnte ein schiefriges teerhaltiges Gestein entstehen; daher stammt der Name "Schwarzjura" für Lias. Meistens aber bildete sich Ton aus winzigen Schwebteilchen.
  2. Auch in der folgenden "Doggerzeit" bildete sich vor allem Ton. Weil es im Dogger auch braune Sandsteine (Sand ist gröberes Material als Ton) mit Eisenerz gibt, wird die Zeit auch "Braunjura" genannt.
  3. Die "Malmzeit" oder "Weißjura" ist die abschließende Phase, in der große Korallenriffe in dem warmen Meer wuchsen (wie heute vielleicht das Great Barrier Riff in Australien). Aus ihnen entstanden später die hellen Kalke, die für die Schwäbische Alb so charakteristisch sind.

Seit dieser Zeit wurde die nördliche Ostalb (oder östliche Kuppenalb) nicht mehr überflutet. Das Land wurde durch gewaltige Erdkräfte in der Kreidezeit um 600 bis 700 m emporgehoben. Das ist für erdgeschichtliche Verhältnisse gar nicht viel.

Im Tertiär sank die südliche Alb sogar wieder ab und wurde von dem "Molassemeer" überflutet. Von Tübingen bis Aalen entstand durch Bewegungen in der Erdkruste eine Bruchzone, das "Schwäbische Lineament". Sie verläuft ziemlich genau durch den Aasrücken (siehe Abb. 1). Auf der Alb begannen sich tiefgründige Verwitterungsböden zu bilden. Sie heißen Feuersteinlehme und können oberflächig mittlerweile sehr kalkarm und sauer sein. Hier bildeten sich aus Eisenoxiden des Bodens "Schwartenerze", die schon seit der Frühzeit bei Tauchenweiler in kleinen Gruben gewonnen wurden. Abb. 1 Idealisierter Schnitt durch das Vorland der Ostalb

Weil das Land also im Süden niedriger war als im Norden der Alb, entstand eine Schieflage der Gesteine, die in ganz Süddeutschland zu finden ist (siehe ebenfalls Abb. 1). Die Gesteine wurden nun wieder abgetragen, weiche Gesteine natürlich leichter als die harten und stabilen Gesteine. So entstanden die Schichtstufen der "Süddeutschen Schichtstufenlandschaft", von denen die Stufe der Weißjurakalke die größte und bekannteste ist. Sie begrenzt die Alb nach Norden und wird "Albtrauf" genannt. Diese steile Stufe ragt bis zu 400 m über das Umland empor.

Auch heute werden die Gesteine langsam aber sicher abgetragen, einzelne Felsen des Albtraufes stürzen immer wieder zu Tal. Die Schichtstufe wandert also ganz langsam immer weiter nach Süden. Und auch die Europäische Wasserscheide, die das danubische vom rheinischen System trennt, wandert weiter nach Süden. Dadurch kann es vorkommen, daß auf der Albfläche am Albtrauf große Täler enden, die scheinbar aus dem Nichts kommen. Denn früher floß hier noch Wasser nach Süden zur Donau. Am Hang einiger Zeugenberge (sie zeugen von der alten Albhochfläche) können weit über dem heutigen Talprofil alte Flußschotter ausgebuddelt werden, aus einer Zeit, wo das Wasser noch den langen Weg nach Süden fließen mußte.

1.2 Verbreitung der Gesteine heute

Abb. 2 Felsen am Albtrauf

Im Norden kommen die älteren Gesteine weiter an die Oberfläche und zudem ist die Oberfläche hier schon am meisten abgetragen. Ergo: die ältesten Juraschichten kommen im Norden bei Schwäbisch Gmünd vor.

Dann steigt das Land langsam an. Eine kleine Stufe bilden die härteren Eisensandsteine und die Rehberge mit dem Aasrücken.

Aber erst im Weißjura tauchen die harten Kalkschichten auf. Diese lassen nicht so leicht abtragen und so ragt die steile Stufe des Albtraufes auf. Die im Vorland liegenden Berge Rechberg (707 m), Hohenstaufen (684 m) und Stuifen (757 m) nennt man Zeugenberge, denn sie zeugen davon, daß die Albhochfläche einst weiter nach Norden reichte. Im Gegensatz zu den Zeugenbergen sind Hornberg (698 m, wegen der Thermik und Steilwand gutes Segelfluggebiet) und Kaltes Feld (781 m, bakannt als Skigebiet) sogenannte Ausliegerblöcke, die noch Kontakt zum eigentlichen Trauf haben.

 

 

1.3 Die Alb als Karstlandschaft

Die Schwäbische Alb ist die größte Karstlandschaft Mitteleuropas. Denn da die Alb (im Weißjura, s.o.) aus Kalken aufgebaut ist, kommen hier ganz besondere Landschaftsformen vor, die sich aus den chemischen und physikalischen Eigenschaften des Kalkes ergeben. Die wichtigste Eigenschaft kann in der folgenden Formel kurz dargestellt werden:

CaCO3 + CO2 + H2O = Ca2+ + 2 HCO3-

Kalk + Kohlendioxid + Wasser = gelöster Kalk

Was bedeutet das? Ich hoffe, ich habe es halbwegs verstanden: Das Kohlendioxid und das Wasser ergeben zusammen eine schwache Säure, die jeder kennt, nämlich Kohlensäure (H2CO3). Das reicht, um den Kalk zu lösen. Es entstehen dadurch große Löcher im Kalk, die man auch in der Landschaft sehen kann: Erdfälle oder Dolinen sind Bereiche, in denen der Kalk ausgewaschen wurde und der Boden plötzlich wegsackt (z.B. bei Rötenbach). Im Albuch kommen auch große "Karstwannen" vor, das sind mit Lehm gefüllte runde flache Bereiche, in denen unterirdisch das Wasser abfließt (ein Beispiel ist die Rauhe Wiese bei Böhmenkirch).

Die vielen Höhlen in der Alb haben ebenfalls die gleiche Ursache (z.B. am Rosenstein). Fledermäuse freuen sich natürlich über den großzügigen Wohnungsmarkt.

Wegen des löchrigen Untergrundes gibt es wenig Bäche auf der Kuppenalb, denn sie verschwinden einfach im Untergrund. Weiter südlich kommen teilweise ganze Flüsse wieder ans Tageslicht (z.B. in sogenannten "Töpfen"). Ganz selten können sich die Trockentäler bei Schneeschmelze auch in reißende Wildwasser verwandeln.

Aber es gibt auch die andere Seite, das Ablagern des Kalkes, gut bekannt durch den freundlichen Calgon-Mann, der die Waschmaschinen retten will. An manchen Stellen können meterdicke Kalktuff- oder Sintersteine entstehen, in den Höhlen sind es die Tropfsteine. Der Kalktuff wurde zum Teil auch zum Hausbau verwendet, wegen der langsamen Ablagerungen gibt es teilweise marmorartige Musterungen, die sehr spannend aussehen.

1.4 Vegetation

Die Vegetation ist - abgesehen von der Nutzung - abhängig von Bodenverhältnissen ("edaphische Standortfaktoren") und dem Klima ("klimatische Standortfaktoren"). Besonders spannend sind die Pflanzengesellschaften auf flachen Kalkböden ("Rendsina"), wie sie auch am Albtrauf vorkommen. Sie sind meist sehr artenreich und weisen oft viele seltene Arten auf (z.B. Orchideen).

Folgende natürliche Waldgesellschaften kommen hier vor:

2. Kulturgeschichte

2.1 Vor- und Frühgeschichte

Auf diese Zeit will ich gar nicht groß eingehen. Schon seit der letzten Eiszeit (Alt- und Mittelsteinzeit) lebten Jäger und Sammler im Gebiet der Alb. Man mag es kaum glauben, zu dieser Zeit lebten hier noch Bison, Höhlenlöwe, Höhlenbär, Höhlenhyäne, Fellnashorn, Mammut und so weiter. Nach den Eiszeiten wurde das Klima besser und so wurden die Menschen in der Jungsteinzeit ("Neolithikum") seßhaft, frühe Bauernkulturen nutzen auch die Alb. Aus der anschließenden Bronzezeit stammen einige Hügelgräber, die es auch auf der Alb gibt. In dieser Zeit wurden zum ersten mal Metalle verarbeitet. Aus Bronze fertigte man Schmuck, Beile und Schwerter. In der Hallstadtzeit nutzte man erstmals Eisen (so auch die Schwartenerze der Feuersteinlehme). Bis fast zur Zeitenwende war die Latènezeit, in der hier noch die Kelten lebten. Später drangen germanische Völker aus dem Norden vor, die die Kelten nach Westen verdrängten (im Süden waren die Alpen eine natürliche Barriere).

2.2 Die Römerzeit

Wir kennen ja alle Asterix und so können wir uns die Römerzeit gut vorstellen. Hier also lebten "barbarische" Völker und die Römer versuchten, sie zu unterwerfen. Im Jahre 15 v.Chr. unternahmen die Römer den "Räterfeldzug". Ihre Grenze konnten sie bis zur Donau vorrücken (Römische Provinz RAETIA).

Aber natürlich wagten sie sich weiter vor. DOMITIAN führte 83/84 n. Chr. den Chattenkrieg, der ihn auch auf die Alb führte. Aber erst seit 85 n.Chr. war die Alb ins Römische Reich integriert. Die Römer bagannen den Bau des Limes, um ihre neuen Provinzen GERMANIA SUPERIOR und RAETIA zu sichern bzw. zu begrenzen. GERMANIA SUPERIOR umfaßte den westlichen Teil bis "VICI LAURIACUM" (Dorf Lorch), RAETIA umfaßte den östlichen Teil (ab ungefähr Schirenhof bei Gmünd).

Der 548 km lange "obergermanisch-rätische Limes" wurde 150 n. Chr. unter ANTONIUS PIUS fertiggestellt, viele Kastelle wurden an seinem Verlauf angelegt. Einige wurden wieder rekonstruiert.

Aber schon 260 n. Chr. war das Ende der Römischen Herrschaft gekommen, als sie das Land gegen die Alemannen verloren.

2.3 Völkerwanderungszeit

So genau weiß ich es auch nicht, was genau dazu geführt hat, daß ganze Völker (wenn auch langsamer als es hier klingen mag, aber dennoch in enorm kurzen Zeiten) völlig durcheinanderwirbelten. Aber ich glaube zu wissen, daß es keiner ganz genau weiß. Zumindest brach das Weströmische Reich zusammen, das Klima veränderte sich und ein Machtvakuum wurde gefüllt, so daß sich ein neues bildete, in das andere Völker vorstoßen konnten.

So kamen von Norden die Germanen ins keltische Land und unter ihnen waren auch die Sueben, die von Elbe und Havel stammten. Bereits zur Römerzeit waren sie bis in den Neckarraum vorgedrungen ("Neckarsweben"). Wie am Namen unschwer zu erkennen, liegt hier eine der Wurzeln der heutigen Schwaben. Andere Sweben, quasi Verwandte, waren bis nach Nord-Spanien vorgedrungen, wo sie 411 ein Königreich Galizien gründeten. Aber zurück zur Alb: hier vermischten sich Sweben und Alemannen (glaube ich...). Und die Alemannen vertrieben ja, wie bereits gehört, die Römer. Erst gab es mehrere Alemanneneinfälle (z.B. 213, 233, 242,...), aber um 259/260 konnten sie in der alten Provinz RAETIA das Ruder übernehmen (die Römer dachten sich: "wi' tü'men liebe'").

Irgendwie gab es dann noch ein Wormser Burgunderreich und die Hunnen mit Atilla stürmten um 450 einmal quer durch Europa, die Goten herrschten über große Teile Süddeutschlands, aber das waren nur Episoden.

2.4 Das Frühe Mittelalter: Das Herzogtum Alemannien

Das frühe Mittelalter begann auf der Alb, als die Alemannen 496 gegen die aufstrebenden Franken unterlagen. Das alemannische Reich wurde während des 6. Jahrhunderts stufenweise als Herzogtum Alemannien ins fränkische Reich der Merowinger integriert. Im Jahre 639 war dieser Prozeß abgeschlossen. Die Franken hatten mittlerweile längst die Macht in ganz Mitteleuropa übernommen. Nach den Reichsteilungen des 9. Jahrhunderts war Alemannien zum ostfränkischen Reichsteil gekommen. Hier sprach man eine Art Urdeutsch, denn in dieser Zeit bildete sich das Deutsche aus germanischen Sprachen unter spätrömischen und keltischen Einflüssen heraus.

2.5 Das Hohe Mittelalter: Das Herzogtum Schwaben und die Staufer

Seit 917 gab es das Herzogtum Schwaben, das ab 1038 der Salier Herzog Heinrich von Schwaben regierte. Schwaben rückte plötzlich ins Rampenlicht, als er ein Jahr später als Heinrich III. römisch-deutscher König und 1046 auch Kaiser wurde.

Aber im 11. Jahrhundert gab es Streß: Denn der Papst wollte einen anderen Herzog von Schwaben als der Kaiser, und schon gab es zwei schwäbische Herzöge: die päpstlich favorisierten Zähringer und die kaiserlichen Favoriten, die Staufer. Wir ahnen es schon: Die Staufer setzen sich im Laufe der Zeit durch. Schließlich wurde der dritte kaiserliche Herzog von Schwaben, Friedrich III., im Jahre 1152 König und drei Jahre später auch Kaiser. Es war kein geringerer als Friedrich I. "Barbarossa", der vermutlich der berühmteste der mittelalterlichen Könige war. Höfische Kultur und Rittertum leben in seiner Zeit auf. Die Stauferzeit ist die Blüte des Hochmittelalters, aber auch ihr Ende. Kaiser Rotbart sah sich von Gott unmittelbar in sein Amt eingesetzt und als Jerusalem von den Moslems erobert wurde, wollte er es wieder zurückerobern. Aber er ertrank noch in Kleinasein, bevor er Jerusalem erreichen konnte. Seitdem schläft er - angeblich solange die Krähen um den Berg kreisen - im Kyffhäuser, derweil sein Bart durch den Tisch wächst. Einige hatten ja schon Kaiser Wilhelm I. "Blankarossa" als seine Reinkarnation vermutet, was natürlich völliger Blödsinn war, denn Krähen gibt es noch genug am Kyffhäuser. Nach seinem Tod wurde die Macht des Kaisers schmerzlich vermißt, ein Nachfolger stand nicht bereit. Dieses Machtvakuum geht als "Interregnum" in die Geschichtsbücher ein.

Aber zurück zu den Wurzeln der Staufer: Denn das Stammland der Staufer war genau das Gebiet der diesjährigen Frühjahrswanderung. Der Stammsitz der Staufer war ab 1070 die Burg Stauf auf dem Hohenstaufen. Sie wurde 1525 im Bauernkrieg zerstört und 1736 völlig vernichtet. Heute sind nur noch Mauerreste übrig.

Überhaupt war die Stauferzeit auch eine Blütezeit des Burgenbaus. Von Herzog Friedrich II. von Schwaben hieß es sogar, er "schleppe am Schweif seines Pferdes stets eine Burg hinter sich her".

Ganz nahe bei Hohenstaufen steht das Wäscherschlößchen, von dem das Vorwerk aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhalten ist. Sie war die Stammburg der Herren von Büren. Abb. 3 Ruine Hohenrechberg, dahinter Hohenstaufen

Die dritte der staufischen Burgen am Aasrücken ist die Rechburg auf dem Hohenrechberg, die um 1200 als Stammburg und Wohnsitz der staufischen Ministerialien von Rechberg (ab 1179) erbaut wurde. Sie wurde am Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 zerstört, brannte 1865 ab und besteht heute zumindest als Ruine.

Die Burg Rosenstein war dagegen keine staufische Burg, sie unterlag verschiedenen Herrschern, u.a. den Pfalzgrafen von Donauwörth-Dillingen in Lauterburg, dann den Grafen von Öttingen und ab 1350 den Württembergern (wenn ich den Wust der Infos richtig verstehe...).  Die Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd staufen

Die Staufer bestimmten das Benediktinerkloster Lorch von 1092-1097 zu ihrer Grabstätte. Aber kaum einer der Staufer liegt hier tatsächlich begraben, zumeist aus tragischen Gründen. Am Rande sei erwähnt, daß andere berühmte Leute hier weilten: Schiller verbrachte hier seine Jugendjahre, Möricke seine Altersjahre. Heute ist das Kloster ein evangelisches Altersheim.

Die erste Stadtgründung (vor 1162) der Staufer war die Gründung von Gmünd, heute Schwäbisch Gmünd. Gmünd wurde 782 erstmals erwähnt und taucht zwei Jahre später im Güterverzeichnis des Klosters St.-Denis bei Paris auf.

Zwischen 1210 und 1230 entstand die Johanneskirche als spätromanische Pfeilerbasilika (der frühgotische Glockenturm wurde später ergänzt). Rätselhafte Bilddarstellungen schmücken die Wand, sie sind bis heute nicht ganz entschlüsselt.

Was bleibt zum Hohen Mittelalter zu sagen? Viele Wälder in ganz Deutschland wurden gerodet und die Dörfer angesiedelt. Wieviel mehr muß das für die Heimat der regierenden Staufer gelten. Man kann davon ausgehen, daß die Alb zu der Zeit erheblich dichter besiedelt war als heute.

2.6 Spätes Mittelalter

Der Machtzerfall nach dem Ende der Stauferzeit machte sich natürlich in ihrem Stammlande besonders bemerkbar. Verschiedene kleine Territorien konnten sich etablieren, weltliche und geistliche, und viele der Dörfer vielen wüst.

Im staufischen Lande war die Macht auf die Reichritterschaft und die Adelsherrschaft Rechburg zusammengeschrumpft. Aber immerhin schafften die Ministerialien von Rechberg (aus dem Ritterkanton Donau im schwäbischen Ritterkreis) den Aufstieg ins Reichsgrafenamt (ab 1607/26), eine äußerst selten gewährte Würde.  Heiligkreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd

Einige Städte nutzen die Gunst der chaotischen Zeit und wurden freie Reichsstadt wie auch Gmünd. In vielen Kriegen mussten die Städte sich gegen die benachbarten Länder bahaupten.

In Gmünd entstand ab 1310 eine der bedeutendsten gotischen Hallenkirchen, das Heiligkreuz-Münster, das den Beginn der Spätgotik einläutet. Mit ihrem Bau ist ein Familienname eng verbunden: die Familie Parler. Heinrich Parler hatte bereits am Kölner Dom gebaut, bevor er die Kirche in Gmünd baute. Sein Sohn Peter half mit und ging anschließend nach Prag, wo er am Bau des Veitsdomes beteiligt war, Bruder Johann Peter plante die Münster in Freiburg und Basel.

Die wirtschaftliche Bedeutung von Gmünd verdankte die Stadt vor allem zwei Branchen: Sensen und Goldschmiedeerzeugnisse aus Gmünd wurden in ganz Süddeutschland vertrieben.

2.7 Die Neuzeit: der Aufstieg Württembergs

Auf die Wirren der Religionskriege im 16. und frühen 17. Jahrhundert mag ich gar nicht eingehen, nur soviel: Gmünd bekennt sich zur alten Lehre, 1525 tobt auch hier der Bauernkrieg und 1546 wird Gmünd im Schmalkaldischen Krieg erobert. Aber die Evangelen müssen sich zurückziehen, Gmünd bleibt katholisch.

Im Laufe der Zeit mausert sich ein westlicher Nachbar unseres Wandergebietes: die Württemberger: 1080 errichteten die Herren von Wirtemberg ihre schwäbische Stammburg, 1135 sind sie bereits ins Reichsgrafenamt aufgestiegen. Nach dem Ende der Stauferzeit profitierten sie am stärksten und heimsten einiges neues Land ein, so auch Hohenstaufen und Göppingen. 1495 wird die Grafschaft zum Herzogtum Württemberg erhoben. 1520-1534 gehört Württemberg zum habsburgisch-österreichischen Einflußbereich. Im 17. und 18. Jahrhundert wächst das Ländle weiter. Bis zur französischen Zeit spricht man auch von "Altwürttmeberg".

2.8 Die letzten zweihundert Jahre

Dann aber erstreckt sich Napoleons Einfluß bis weit nach Deutschland hinein und darüber hinaus. Durch den Reichsdeputationshauptschluß wird Württemberg 1803 zum Kurfürstentum Württemberg befördert. Württemberg gewinnt soviel kleine Länder hinzu, daß man von "Neuwürttemberg" spricht. Eines dieser vielen kleinen Gebiete war auch die Reichsstadt Gmünd, die bisher wie 23 weitere Städte im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg Reichsunmittelbarkeit genossen. Gmünd wurde Sitz eines Württembergischen Oberamtes, zu dem 26 Markungen (bis 1808 auch Heubach) gehörten.

Nur zwei Jahre später findet die nächste Beförderung statt: Durch den Frieden von Preßburg entsteht 1805 das Königreich Württemberg. Seit 1806 gehört Württemberg zu den Rheinbundländern und nach dem Frieden von Schönbrunn 1810 erreicht Württemberg seine größte Ausdehnung.

Die französische Ära endet wenig später: 1813 löst sich der Rheinbund auf und auf dem Wiener Kongreß 1815 wird Europa neu sortiert. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation gab es nicht mehr, ein deutschen Zusammenschluß noch nicht. Württemberg war eben ein Land in Europa, das sich 1819 seine Verfassung gab.

Aber natürlich gab es noch einen deutschen Kulturraum, nur wie und wo, das war in dieser Zeit immer wieder Streitfrage. 1823 bildete sich der Bayerisch-Württembergische (Süddeutsche) Zollverein und 1833 suchte man den Anschluß an den Preußisch-Hessischen Zollverein, den es seit 1828 gab. Erst 1834 wurde der Deutsche Zollverein gebildet. Aber die deutschen Länder waren untereinander zu sehr zerstritten, um sich einigen zu können. 1866 brach der Deutsche Bund auseinander, ein Norddeutscher Bund unter preußischer Regie blieb bestehen.

Die (Wieder?)Geburt des Deutschen Kaiserreiches geschah 1871 nach dem Sieg über Frankreich, auch das Königreich Württemberg war dabei. Bekanntermaßen brachte die Revolution von 1918 den Fürsten in Deutschland das Ende. Es enstand der Volksstaat Württemberg.

Es gab dann zur Schande der Deutschen noch die Tausend Jahre zwischen 1933 und 1945. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren der Südteil des Landes Baden, der Südteil des Landes Württemberg und die Provinz Hohenzollern des Landes Preußen Teil der Französischen Zone und wurden "Württemberg" genannt. Der Nordteil des Landes Baden und der Nordteil des Landes Württemberg waren dagegen Teil der Amerikanischen Zone und wurden "Baden" genannt. 1947 bildete sich aus der britischen und amerikanischen Zone die "Bizone" (Briefmarkensammler kennen die...), zu der im August 1948 die französische Zone hinzukam. 1949 entstanden die Länder Baden (Südteil des alten Landes Baden), das Land Württemberg-Hohenzollern (Südteil des alten Landes Württemberg und Hohenzollern) und das Land Württemberg-Baden (Nordteil des alten Landes Baden und der Nordteil des alten Landes Württemberg). So standen sie noch in der Urfassung des Grundgesetzes. Sie schlossen sich erst 1951/52 zum Land Baden-Württemberg zusammen, alles kapito?

Nun also wandern wir durch den Ostalbkreis, der seinen Sitz in Schwäbisch Gmünd hat. Schwäbisch Gmünd ist zudem Sitz des Regionalverband Ostwürttemberg, der zum Regierungs-Bezirk Stuttgart im Land Baden-Württemberg gehört.

3. Literatur (Auswahl)

BORCHERDT, C., #: Baden-Württemberg, eine geographische Landeskunde = Wissenschaftliche Länderkunden Band 8: Bundesrepublik Deutschland Teil V (Hrsg.: STORKEBAUM, W.). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt [NLB]

BÜHLER, H., 1992: Zur Geschichte des Albuchs. In: Jahrbuch ... des Heimat- und Altertumsvereins Heidenheim (Brenz). Band 1991/1992. S. 76-131. Nachdruck in: BÜHLER, H., 1996: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben (Hrsg.: ZIEGLER, W.). S. 1139-1200. A. H. Konrad Verlag, Weißenhorn. [NLB 97/11040]

GEYER, O. F. & GWINNER, M. P., 1979: Die Schwäbische Alb und ihr Albvorland. 2. Auflage. = Sammlung Geologischer Führer (Hrsg.: GWINNER, M. P.), Band 67. Bebr. Borntraeger, Berlin. [NLB 80/391]

KÖNIGLICHE STATISTISCHES-TOPOGRAPHISCHES BUREAU (Hrsg.), 1870: Beschreibung des Oberamts Gmünd. H. Lindemann, Stuttgart. Nachdruck 1973. H. Bissinger, Magstadt. [NLB 80/2914]

LANDESARCHIVDIREKTION BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg.), 1980: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibungen nach Kreisen und Gemeinden: Band IV Regierungsbezirk Stuttgart: Regionalverbände Franken und Ostwürttemberg. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart. [NLB LS gesch 530/201:4]

SCHAAB, M. & SCHWARZMAIER, H. (Hrsg. i.A. der KOMMISSION FÜR GESCHICHTLICHE LANDESKUNDE), 1995: Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte; 2. Band: Die Territorien im alten Reich = Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta. [NLB]

STAATLICHE ARCHIVVERWALTUNG BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg.), 1974: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibungen nach Kreisen und Gemeinden: Band I Allgemeiner Teil. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart. [NLB LS gesch 530/201:1]

STADTARCHIV SCHWÄBISCH GMÜND (Hrsg.), 1984: Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd. K. Theiss Verlag, Stuttgart. [NLB 85/5467]

STADT SCHWÄBISCH GMÜND (Hrsg.), 1983: Stadtführer Schwäbisch Gmünd. Einhorn-Verlag, Schwäbisch Gmünd. [NLB 4 Kap. 4130]

VERBAND DER DEUTSCHEN HÖHLEN- UND KARSTFORSCHER (Hrsg.), 1993: Karstlandschaft Schwäbische Ostalb = Karst und Höhle 1993. München. [NLB ZB/309]

 
wieder nach oben   Stand: Mai 2000